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Abrechenbarkeit wahlärztlicher Leistungen durch selbstständige Honorarärzte?

Die Frage, ob die Abrechnung wahlärztlicher Leistungen durch selbstständige, im Krankenhaus nicht fest angestellte Honorarärzte zulässig ist, wurde in der einschlägigen Fachliteratur lange diskutiert. Zu Ungunsten der Honorarärzte hat der Bundesgerichtshof ( BGH ) diesen nunmehr mit Entscheidung vom 16.10.2014 ( Az. III ZR 85 /14 ) einen Anspruch auf Liquidation wahlärztlicher Leistungen versagt. Die als Grundsatzurteil gewertete Entscheidung des BGH wurde verbreitet so verstanden, dass Honorarärzte grundsätzlich keine wahlärztlichen (Haupt) Leistungen erbringen können. Demgegenüber hat das Bundesverfassungsgericht ( BVerfG ) mit Beschluss vom 03.03.2015 ( Az. 1 BvR 3226 /14 ) klargestellt, dass die von dem beklagten Honorararzt mit der Verfassungs beschwerde angegriffene Entscheidung des BGH gerade nicht auf der Annahme beruhen würde, dass ein Honorararzt generell keine wahlärztlichen Leistungen abrechnen könnte. Beide Entscheidungen haben daher nur teilweise für Klarheit gesorgt und lassen Rechtsfragen weiterhin offen.

Der Fall

Ein niedergelassener Facharzt für Neurochirurgie war auf der Grundlage einer Kooperationsvereinbarung zusätzlich als nicht angestellter Honorararzt in einer Klinik tätig. Mit einer Patientin, die er zunächst in seiner Praxis behandelte und anschließend in der Klinik operierte, schloss er eine „Vereinbarung über Behandlung gegen Privatabrechnung“ ab, worin sich die Patientin mit der privaten Liquidation seiner Operationsleistungen einverstanden erklärte. Zudem schloss die Patientin mit dem Klinikträger eine Wahlleistungsvereinbarung ab, in der als Wahlarzt ein Krankenhausarzt und nicht der Honorararzt benannt wurde. Die Versicherung der Patientin erstattete dieser zwar die vom Honorararzt privat abgerechneten Leistungen, verklagte diesen jedoch auf Rückerstattung.

Wer ist von der Entscheidung des BGH betroffen?

Nach der Defi nition des BGH ist unter einem Honorararzt ein Facharzt zu verstehen, der im stationären und/oder ambulanten Bereich eines Krankenhauses für den Krankenhausträger fachärztliche Leistungen erbringt, ohne bei diesem angestellt oder als Belegarzt oder als Konsiliararzt tätig zu sein.

Der Begriff des Honorararztes ist gesetzlich nicht normiert und wird häufi g vom ebenfalls nicht normierten Begriff des Konsiliararztes, welcher Teil der Wahlarztkette sein kann, nicht immer klar abgegrenzt. Kooperationsverträge zwischen niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern werden als „Konsiliararztvertrag“ bezeichnet, obwohl die darin enthaltenen Leistungen gar keine Konsilleistungen sind, sondern Hauptbehandlungsleistungen des Krankenhauses darstellen ( Operationen, Anästhesien ). Unter Konsiliararzt ist nach der Rechtsprechung aber ein Arzt zu verstehen, der in einem konkreten Behandlungsfall vom behandelnden Krankenhausarzt in speziellen Einzelfragen und zur Mitbehandlung auf seinem Fachgebiet hinzugezogen wird und Behandlungsvorschläge macht.

Von der Entscheidung betroffen ist damit nur der „echte“ Honorararzt, der die vom Krankenhaus gegenüber dem Patienten geschuldete ärztliche Hauptbehandlungsleistung, insbesondere Operationen im Krankenhaus erbringt.

Können Hauptleistungen als Gegenstand von Wahlleistungsvereinbarungen generell nicht von Honorarärzten erbracht werden?

Der BGH stützt seine Entscheidung maßgeblich auf folgende Erwägungen: In die Wahlleistungsvereinbarung mit dem Krankenhausträger sei der beklagte Honorararzt weder als Wahlarzt noch als gewünschter Stellvertreter des Wahlarztes aufgeführt. Von der in § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG normierten Wahlarztkette würden nicht alle an der Behandlung beteiligten Ärzte, sondern nur liquidationsberechtigte angestellte und beamtete Krankenhausärzte erfasst, zu denen der beklagte Honorararzt nicht gehöre. Von dieser zum Schutz des Patienten abschließenden Festlegung des Kreises liquidationsberechtigter Wahlärzte könne auch nicht durch individuelle Vergütungsabrede zwischen Honorararzt und Patient abgewichen werden. 

In seiner Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde des beklagten Honorararztes hat das Bundesverfassungsgericht ( BVerfG ) nunmehr mit Beschluss vom 03.03.2015 klargestellt, dass die angegriffene Entscheidung des BGH nicht auf der Annahme beruhe, ein Honorararzt könne ( generell ) keine wahlärztlichen Leistungen abrechnen, da nach den Tatsachenfeststellungen der Honorararzt in der Wahlleistungsvereinbarung gar nicht aufgeführt worden sei. Der BGH habe sich daher folgerichtig nicht mit der Frage befasst, ob ein Honorararzt in der Wahlleistungsvereinbarung als solcher bestimmt werden und in dieser Eigenschaft Leistungen abrechnen kann. Der BGH habe lediglich entschieden, dass der Honorararzt nicht in die Gruppe von Ärzten falle, die zwar nicht in der Wahlleistungsvereinbarung genannt werden, auf die sich aber die Vereinbarung nach § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG „erstreckt“, und dass die Abrechnung wahlärztlicher Leistungen nicht in Umgehung des § 17 KHEntgG durch privatärztlichen Vertrag zwischen Honorararzt und Patient vereinbart werden könne.

Vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wurde das Urteil des BGH allerdings allgemein anders dahingehend verstanden, dass Honorarärzte generell keine wahlärztlichen Leistungen erbringen und abrechnen dürfen. Hierfür sprechen auch verschiedene Passagen des Urteils. So spreche laut BGH etwa die Tatsache, dass § 17 Abs. 3 KHEntG im Gegensatz zu § 2 KHEntG unverändert geblieben sei dafür, dass der Gesetzgeber daran festhalten wolle, im Krankenhaus nicht fest angestellten Ärzten eine gesonderte Berechnung von Wahlleistungen zu versagen. Dass der BGH lediglich die Erstreckungswirkung einer Wahlleistungsvereinbarung im Auge hatte, ergibt sich aus dieser Formulierung gerade nicht.

Leider haben beide Gerichte, BGH und BVerfG, die Frage des zulässigen Inhalts einer Wahlleistungsvereinbarung, insbesondere der Zulässigkeit einer ausdrücklichen Bestimmung eines Honorararztes als Wahlarzt, nicht beantwortet, so dass weiterhin Rechtsunsicherheiten in diesem Bereich verbleiben.

Fazit

Das Urteil des BGH ist zu Recht nicht im Ergebnis, aber in der Begründung auf Kritik gestoßen. Das zentrale Argument des BGH, der Patient schließe eine Wahlleistungsvereinbarung im Vertrauen auf die herausgehobene medizinische Kompetenz des ausgewählten Arztes („Chefarztstandard“) ab, die nicht bei allen Honorarärzten von vornherein gleichsam „automatisch“ angenommen werden könne, ist nur schwerlich nachvollziehbar und diskriminiert den niedergelassenen hochqualifizierten Spezialisten, dessen Behandlung sich der Patient gerade wegen seines Vertrauens in die Qualifikation dieses Arztes ausdrücklich wünscht. Auch ist zu bezweifeln, dass der Gesetzgeber § 17 Abs. 3 KHEntgG bewusst unverändert gelassen hat und den Kreis liquidationsberechtigter Krankenhausärzte wirklich auf Arbeitnehmer beschränken wollte.

Richtig ist das Argument des BGH, dass individuelle Abreden zwischen Patient und Honorararzt außerhalb bzw. neben der eigentlichen Wahlleistungsvereinbarung keine Liquidationsrechte begründen können. Die Benennung eines Honorararztes als Wahlarzt in der Wahlleistungsvereinbarung selbst muss hingegen zulässig sein und widerspricht auch nicht der Systematik und dem Schutzgedanken des § 17 KHEntgG. Honorarärzte können nach hier vertretener Auffassung daher unter Beachtung vorstehender Grundsätze wahlärztliche Leistungen im Krankenhaus erbringen.

Bis zu einer Klarstellung durch die höchstrichterliche Rechtsprechung oder einer Änderung der einschlägigen Normen wäre auch im Hinblick auf die sozialversicherungsrechtliche Problematik der Scheinselbstständigkeit gleich- wohl der sichere Weg, wahlärztliche Hauptleistungen durch Honorarärzte nur im Rahmen einer zumeist allerdings nicht gewollten ( Teilzeit-) Anstellung zu erbringen.

Entwurf des Versorgungsstärkungsgesetzes verabschiedet

Am 11.06.2015 verabschiedete der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung ( GKV-VSG )

Vor Verabschiedung erfuhr der Gesetzentwurf in der 2. und 3. Lesung noch einige nicht unerhebliche Änderungen. Es wird nun erwartet, dass der Bundesrat in der Plenarsitzung am 10.07.2015 keinen Einspruch gegen das GKV-VSG einlegt und das Gesetz der Bundesregierung zur Ausfertigung an den Bundespräsidenten zuleitet, so dass dieses am 01.08.2015 in Kraft treten kann.

Im kommenden Ärztebrief der Kanzlei Dr. Schwarz und Partner GbR werden wir ausführlich über das GKV-VSG berichten.

Zulässigkeit von zwei Zulassungen mit jeweils hälftigem Versorgungsauftrag

Bundessozialgericht, Urteil v. 11.02.2015 – B 6 KA 11/14 R

Mit der durch das Vertragsarztrechtsänderungsgesetz zum 01.01.2007 eingefügten Vorschrift des § 19 a Abs. 2 Ärzte-ZV ist die Möglichkeit geschaffen worden, lediglich mit hälftigem Versorgungsauftrag an der vertrags(zahn)ärztlichen Versorgung teilzunehmen.

Die Kassenzahnärztliche Vereinigung ( KZV ) hatte gegen die von einem Zahnarzt mit hälftigem Versorgungsauftrag beantragte Erteilung einer weiteren Teilzulassung mit hälftigem Versorgungsauftrag im Bezirk der benachbarten KZV geklagt.

Das Landessozialgericht Sachsen hatte entschieden, dass angesichts der grundrechtlichen Gewährleistung der Berufsfreiheit in Art. 12 Abs. 1 GG, die nur durch Gesetz oder aufgrund Gesetzes beschränkt werden kann, die Zulässigkeit einer zweiten Teilzulassung nicht einer positiven Regelung bedürfe, sondern umgekehrt einem Vertragszahnarzt eine zweite Teilzulassung ohne normative Grundlage nicht verwehrt werden könne. Eine zweite Teilzulassung sei jedoch weder ausdrücklich verboten noch ergebe sich ein solches Verbot im Wege der Auslegung.

Auch die Revision der klagenden KZV zum Bundessozialgericht ( BSG ) war ohne Erfolg. Ein hälftiger Versorgungsauftrag lasse dem ( Zahn-)Arzt zeitlich Raum für andere berufliche Tätigkeiten, wobei als solche auch eine weitere vertrags(zahn) ärztliche Tätigkeit in Betracht komme. Unerheblich sei, dass die Teilzulassungen im Bezirk zweier verschiedener KZVen liegen.

Teilnahme mit je einem hälftigen Versorgungsauftrag an der haus- ärztlichen und an der fachärztlichen Versorgung

Sozialgericht Dortmund, Urteil v. 24.09.2014 – S 16 KA 315 /11

Dass ein Vertragsarzt nach der Rechtsprechung und überwiegenden Ansicht in der Literatur auch zwei hälftige Teilzulassungen erhalten kann, umfasst nach der Auffassung des Sozialgerichts Dortmund grundsätzlich auch die Möglichkeit, ihm am selben Vertragsarztsitz je eine Teilzulassung für die haus- und für die fachärztliche Versorgung zu erteilen.

Ein zur hausärztlichen Versorgung zugelassener Facharzt für Allgemeinmedizin und Chirurgie war wegen der schlechten chirurgischen Versorgung vor Ort gemäß § 73 Abs. 1 a Satz 3 SGB V befristet berechtigt, spezifische fachärztliche Leistungen ( insbesondere teilradiologische Leistungen und ambulante Operationen ) zu erbringen. Nachdem eine Verlängerung der Genehmigung nicht möglich war, beantragte er unter Reduzierung seines hausärztlichen Versorgungsauftrages um die Hälfte, ihn als Facharzt für Chirurgie im Wege einer Sonderbedarfszulassung zur fachärztlichen Versorgung ebenfalls mit hälftigem Versorgungsauftrag zuzulassen. Der Berufungsausschuss sah hierin einen Verstoß gegen die sich aus §§ 73 Abs. 1 Satz 1, 87 Abs. 2 a Satz 5 SGB V ergebende Trennung der Versorgungsbereiche, die nur unter den vorliegend nicht gegebenen Voraussetzungen des § 73 Abs. 1 a SGB V durchbrochen werden könne.

Dies sah das Sozialgericht anders. Zwar stehe außer Frage, dass ein als Allgemeinarzt zugelassener Vertragsarzt zwingend an der hausärztlichen Versorgung teilnimmt und seine gleichzeitige Teilnahme an der fachärztlichen Versorgung damit ausgeschlossen ist, so dass bei vollem Versorgungsauftrag eine gleichzeitige Zulassung als Facharzt nicht in Betracht komme. Bei der vom Kläger angestrebten Fallgestaltung mit zwei hälftigen Zulassungen lasse sich aber die Trennung zwischen beiden Versorgungsbereichen im Rahmen der jeweils für sich betrachteten hälftigen Zulassung aufrechterhalten, so das § 73 SGB V dem Begehren des Klägers nicht entgegenstehe. Dies folge u. a. aus der vom Gesetzgeber mit der Einführung des § 19 a Abs. 2 Ärzte-ZV eingeleiteten Liberalisierung und Flexibilisierung der beruflichen Betätigungsmöglichkeiten und dem gesetzgeberischen Ziel, dass Teilzulassungen auch „der besseren Bewältigung von Unterversorgungssituationen“ dienen würden, so das Sozialgericht.

Das Urteil ist bislang noch nicht rechtskräftig.

Transfer von Arztstellen – Umwandlung einer Zulassung in eine Anstellung in einem anderen Medizinischen Versorgungszentrum ( MVZ )

Sozialgericht Hamburg, Urteil v. 27.08.2014 – S 27 KA 76 /14

Das Sozialgericht Hamburg hat mit einem viel beachteten Urteil festgestellt, dass es entsprechend dem Fortführungswillen bei der Nachbesetzung von Vertragsarztsitzen eines Nutzungswillens / Zulassungswillens des Arztes bei der Umwandlung von Anstellungsgenehmigungen bedarf.

Die klagende GmbH betrieb mit angestellten Ärzten u. a. zwei MVZ A1 und A2. Sie beabsichtigte, das A1 wegen Unwirtschaftlichkeit aufzugeben und von dort drei Arztstellen zum A2 zu übertragen. Hierfür beantragte die Klägerin beim Zulassungsausschuss die Umwandlung der Anstellungsgenehmigungen für die drei Ärzte in vier unmittelbar aufeinanderfolgenden Schritten, nämlich erstens Umwandlung der Arztstelle im A1 in eine Zulassung, zweitens Zulassung des Arztes zur vertragsärztlichen Versorgung, drittens Verzicht des Arztes auf die Zulassung, um als angestellter Arzt tätig zu werden und viertens Genehmigung der Anstellung der Ärzte im A2. Zugleich stellten die betroffenen Ärzte sämtliche dafür erforderlichen Anträge und gaben die notwendigen Erklärungen ab.

Das Sozialgericht Hamburg ist der Überzeugung, dass eine solche Umwandlung einer Arztstelle in eine Zulassung allein mit dem Ziel, diese sofort wieder unter Verzicht auf die Zulassung in eine Angestelltenstelle in einem anderen medizinischen Versorgungszentrum umzuwandeln, gegen den Sinn und Zweck des Bedarfsplanungsrechts verstoße. Neben der Sicherstellung einer gleichmäßigen Versorgung der gesetzlich Versicherten bestehe auch das öffentliche Interesse, die Überversorgung in gesperrten Planungsgebieten abzubauen.

Zwar ändere der von der Klägerin geplante Transfer der drei Arztstellen im Planungsbereich nichts an der Anzahl der Ärzte, außer Betracht gelassen werden dürfe aber nicht, dass die Klägerin selbst das A1 wegen Unwirtschaftlichkeit schließen wolle. Dann aber müsse der Abbau von Überversorgung im Vordergrund stehen, weshalb auch das Bundessozialgericht ( BSG ) den Ausnahmecharakter der mit der Nachfolgebesetzung verbundenen Durchbrechung bestehender Zulassungsbeschränkungen betont hat. Nach der Rechtsprechung des BSG kann deshalb ein Vertragsarzt, der nur an der Zulassung des ausscheidenden Arztes interessiert ist, aber dessen Praxis nicht fortführen möchte, nicht im Rahmen eines Nachbesetzungsverfahrens zugelassen werden. Der Gesetzgeber lasse es nur im finanziellen Interesse des bisherigen Praxisinhabers zu, dass ein für die Versorgung nicht erforderlicher Vertragsarztsitz nachbesetzt wird, weil typischerweise die Arztpraxis nicht veräußert werden kann, wenn der Erwerber nicht den damit verbundenen Sitz erhält. Wo keine Praxis mehr existiere, könne auch keine Nachbesetzung stattfinden. Etwas anderes könne auch nicht im vorliegenden Fall gelten. Trage die Klägerin selbst vor, das A1 sei unwirtschaftlich, bestehe kein wesentlicher Unterschied zu einer nicht mehr existierenden Arztpraxis. Das Sozialgericht Hamburg ist deshalb der Überzeugung, dass hier vergleichbar dem im Nachbesetzungsverfahren vom BSG geforderten Fortsetzungswillen, ein Nutzungswille in Bezug auf die begehrte Zulassung vorliegen müsse.

Offen bleibt nach der Entscheidung des Sozialgerichts Hamburg, ob und ggf. über welchen Zeitraum eine vorübergehende „interimsmäßige“ vertragsärztliche Tätigkeit der zuvor und nachfolgend wieder angestellten Ärzte ausreichen würde, um den „Nutzungs- bzw. Zulassungswillen“ des Arztes zu belegen. Bei der geplanten Umstrukturierung von MVZ sollte daher – wie schon bisher aufgrund uneinheitlicher Verwaltungspraxis – immer auch die Auffassung der zuständigen Zulassungsgremien erfragt werden, die sich nicht notwendigerweise an der hamburgischen Rechtsprechung orientiert. Auch bleibt die Entscheidung des BSG, bei dem das Verfahren unter dem Az. B 6 KA 38 /14 R anhängig ist, zunächst abzuwarten. Zu befürchten ist, dass das BSG eine vertragsärztliche Tätigkeit von weit über 6 Monaten verlangt und auf diese Weise den Transfer von Arztstellen noch weiter erschwert.

Höchstrichterliche Entscheidung zur Zulässigkeit eines kostenlosen Fahrdienstes einer Augenklinik?

Bundesgerichtshof, Urteil v. 12.02.2015 – I ZR 213 /13

Nach einer Mitteilung der Pressestelle des Bundesgerichtshofs ( vgl. Mitteilung der Pressestelle Nr. 20 / 2015 ) hat der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat entschieden, dass ein kostenloser Fahrdienst einer Augenklinik für Patienten gegen das heilmittelrechtliche Verbot von Werbegaben verstoßen kann.

Die Beklagte betreibt eine Augenklinik. Der Kläger ist Augenarzt und führt in seiner Augenbelegabteilung auch stationäre Augenoperationen durch. Er begehrt, es der Beklagten zu verbieten, Patienten, die zur Diagnostik oder Operation ihre Augenklinik aufsuchen müssen, einen kostenlosen Fahrdienst anzubieten oder zur Verfügung zu stellen. Der Bundesgerichtshof ( BGH ) hat das klageabweisende Berufungsurteil aufgehoben und die Sache an die Vorinstanz zurückverwiesen, da das beanstandete Angebot eine auf konkrete Leistungen bezogene Werbung darstelle, die dem in § 7 Abs. 1 Satz 1 des Heilmittelwerbegesetzes ( HWG ) geregelten generellen Verbot von Werbegaben unterfalle. Es bestehe die Gefahr einer unsachlichen Beeinfl ussung des Verbrauchers, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich Patienten nicht im Hinblick auf die Qualität der ärztlichen Leistung, sondern wegen des angebotenen Fahrdienstes für eine Behandlung durch die beklagte Augenklinik entscheiden. Der Fahrdienst stelle auch keine nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 HWG zulässige geringwertige Kleinigkeit dar. In der wiedereröffneten Berufungsinstanz wird das Berufungsgericht nunmehr festzustellen haben, ob der beanstandete Fahrdienst eine nach § 7 Abs. 1 Nr. 3 HWG zulässige handelsübliche Nebenleistung darstellt.

§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HWG lautet:

(1) Es ist unzulässig, Zuwendungen oder sonstige Werbe gaben ( Waren oder Leistungen ) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass … 3. die Zuwendungen oder Werbegaben nur … in handelsüblichen Nebenleistungen bestehen; als handelsüblich gilt insbesondere eine im Hinblick auf den Wert der Ware oder Leistung angemessene teil weise oder vollständige Erstattung oder Übernahme von Fahrtkosten für Verkehrs mittel des öffentlichen Personennahverkehrs, die im Zusammenhang mit dem Besuch des Geschäftslokals oder des Orts der Erbringung der Leistung aufgewendet werden;

Es bleibt im Ergebnis leider offen, ob ein kostenloser Fahrdienst angeboten werden darf. In jedem Fall sollte mit einem solchen nicht in öffentlichen Medien geworben werden, um das Risiko von Abmahnungen zu minimieren.

Zahnaufhellungen ( Bleaching ) als steuerfreie Heilbehandlungsleistungen

BFH, Urteil v. 19.03.2015 – V R 60 /14

Der Bundesfi nanzhof ( BFH ) hatte darüber zu entschieden, ob eine im Anschluss an bestimmte zahnärztliche Behandlungen ( z. B. Wurzelkanalbehandlungen ) durchgeführte Zahnaufhellung ( sog. Bleaching ) an den zuvor behandelten Zähnen nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG steuerfreie Heilbehandlungen darstellen.

Eine Zahnärzte GbR hatte mit den Zahnbehandlungen steuerfreie sonstige Leistungen erbracht. Diese Zahnbehandlungen, die jeweils eine Verdunklung des behandelten Zahnes zur Folge hatten, waren medizinisch indiziert. Als Heilbehandlung waren diese zahnärztlichen Leistungen deshalb nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG steuerfrei.

Der BFH erachtet die als Folge dieser Zahnbehandlungen notwendig gewordenen Zahnaufhellungsbehandlungen ebenfalls als nach § 4 Nr. 14 Satz 1 UStG steuerfrei, weil der Eingriff ästhetischer Natur im Streitfall medizinisch erforderlich war. Zwar habe die Behandlung ausschließlich eine optische Veränderung des Zahnes zur Folge. Gleichwohl erfolge der Eingriff nicht zu rein kosmetischen Zwecken, da die Zahnaufhellungsbehandlungen in einem sachlichen Zusammenhang mit den vorherigen Behandlungen standen. Letzteres sei der Fall, wenn die medizinische Maßnahme dazu diene, die negativen Folgen der Vorbehandlung zu beseitigen.

Infektion freiberufl icher Einkünfte durch geringfügige gewerbliche Einkünfte

BFH , Urteile v. 27.08.2014 – VIII R 6/12, VIII Z 16/11 und VIII R 41/11

Gleich in drei Urteilen vom 27.08.2014 befasste sich der BFH mit der Frage, bis zu welcher absoluten Höhe eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die hauptsächlich freiberufl iche Einkünfte erzielt, gewerbliche Einkünfte erzielen darf, ohne dass sämtliche Einkünfte der Personengesellschaft gewerblich infi ziert werden und damit der Gewerbesteuer unterliegen ( auch als Abfärbung bezeichnet ).

Dem BFH lag der Fall einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ( GbR ) von Rechtsanwälten vor. Zwar beurteilte der BFH die von einem angestellten Rechtsanwalt aus seiner Tätigkeit als Insolvenzverwalter erzielten Umsätze als gewerbliche Einkünfte der GbR. Die Einkünfte der GbR würden wegen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit dadurch jedoch nicht insgesamt zu solchen aus Gewerbebetrieb umqualifi ziert, wenn die Nettoumsatzerlöse aus dieser auf den Angestellten übertragenen Tätigkeit 3 % der Gesamtnettoumsatzerlöse der Gesellschaft und den Betrag von 24.500 € im Veran lagungszeitraum nicht übersteigen.

Der BFH beseitigt damit eine in der Vergangenheit bestehende Rechtsunsicherheit und zieht nun klare Grenzen. Der BFH hält einen gewerblichen Umsatzanteil von 3 % typisierend noch für von so untergeordneter Bedeutung, dass eine Umqualifi zierung der gesamten Einkünfte unverhältnismäßig wäre. Dabei seien die Nettoumsätze zugrunde zu legen, um das Verhältnis der Umsätze bei unterschiedlichen Umsatzsteuersätzen nicht zu verfälschen. Zur Vermeidung einer Privilegierung von Personen gesellschaften, die besonders hohe freiberufl iche Einkünfte erzielen und damit im größeren Umfang gewerblich tätig sein könnten und unter Berücksichtigung des Normzwecks, sei es außerdem erforderlich, den Betrag der gewerblichen Nettoumsatzerlöse, bei dem noch von einem äußerst geringen Umfang ausgegangen werden könnte, auf einen Höchstbetrag von 24.500 €, orien tiert am gewerbesteuerlichen Freibetrag, zu begrenzen.

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