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Die Weiterentwicklung der Videosprechstunde

Im Jahr 2019 wurden die Anforderungen des Vertragsarztrechts an die Durchführung und die Vergütung von Videosprechstunden an die vorausgegangene Entwicklung des ärztlichen Berufsrechts angepasst. Darüber hinaus wurde mit Wirkung zum 16.07.2020 die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit mittels Videosprechstunde ausdrücklich ermöglicht.

Durch die Neufassung von § 7 Abs. 4 S. 3 MBO-Ä wurde die ausschließliche Beratung oder Behandlung über Kommunikationsmedien ab Mai 2018 im Einzelfall berufsrechtlich gestattet, wenn dies ärztlich vertretbar ist und die erforderliche ärztliche Sorgfalt insbesondere durch die Art und Weise der Befunderhebung, Beratung, Behandlung sowie Dokumentation gewahrt wird und die Patienten oder der Patient auch über die Besonderheiten der ausschließlichen Beratung und Behandlung über Kommunikationsmedien aufgeklärt wird. 

Weitere Meilensteine in der Entwicklung des Fernbehandlungsrechts waren die Abschaffung des Verbots der Arzneimittelabgabe nach Fernverschreibung durch Streichung der bisherigen Sätze 2 und 3 von § 48 Abs. 1 AMG zum 16.08.2019 und die Anpassung des Heilmittelwerberechts. Trotz berufsrechtlicher Freigabe der ausschließlichen Fernbehandlung war die Werbung für eine solche bisher nach § 9 HWG untersagt. Zum 19.12.2019 wurde dieses Verbot in § 9 Satz 2 HWG auf Fernbehandlungsformen beschränkt, bei denen nach allgemein anerkannten fachlichen Standards ein persönlicher Arzt-Patienten-Kontakt erforderlich ist. 

Änderungen und Weiterentwicklung im EBM und BMV-Ä
§ 31 b BMV-Ärzte

Mit Wirkung zum 16.11.2019 ist die Neufassung der Anlage 31b des BMV-Ä in Kraft getreten. Im Gegensatz zur bisherigen Fassung der Anlage 31b, die Videosprechstunden nach ihrem § 1 Satz 2 noch als „synchrone Kommunikation zwischen einem Arzt und einem ihm bekannten Patienten“ beschrieb, erlaubt die Neufassung den Videokontakt auch mit einem bisher unbekannten Patienten. Gegenüber der Vorgängerfassung wurde zudem auch der Anwendungsbereich der Anlage erheblich erweitert. Neben der klassischen Sprechstunde und Beteiligung von Vertragsarzt und Patient erfasst diese nun auch die Kommunikation zwischen einem Vertragsarzt und einem pflegebedürften Patienten im Heim oder zu Hause unter Beteiligung einer Pflegekraft sowie Fallkonferenzen zwischen mehreren Ärzten oder Ärzten mit Pflegefachkräften, die nach dem EBM als Videofallkonferenzen durchgeführt und vergütet werden können.

Ebenfalls neu in den BMV-Ä eingefügt wurde die Vereinbarung über die Authentifizierung von Versicherten bei der ausschließlichen Fernbehandlung (Anlage 4b zum BMV-Ä) vom 16.9.2019. Dieser regelt neben der Erhebung der für die Abrechnung und für die Versorgung erforderlichen Versichertendaten durch den Arzt auch die Art und Weise der Identitätsfeststellung. Dabei sind zwei Verfahrensalternativen vorgesehen: Zum einen kann der Arzt nach § 2 Abs. 2 der Anlage 4b bei einem ihm bereits bekannten Patienten die für die Übertragung vorgesehenen Versichertenstammdaten aus der Patientendatei übernehmen, wenn im aktuellen und vorangegangenen Quartal bereits eine Prüfung des Leistungsanspruches nach Ziff. 1 des Anhangs 1 zur Anlage 4a (Elektronische Gesundheitskarte) erfolgt ist und nach den Angaben des Versicherten zwischenzeitlich keine Veränderungen eingetreten sind. Andernfalls erfolgt die Authentifizierung durch Vorlage der elektronischen Gesundheitskarte in der Videosprechstunde. 

Die Abbildung der Videosprechstunde im EBM 

Mit Wirkung zum 01.04.2017 schuf der Bewertungsausschuss bereits die GOP 01439, die für einen sogenannten „anderen Arzt-Patienten-Kontakt“ (Betreuung eines Patienten im Rahmen einer Videosprechstunde) iSv. Ziff. I.4.3.1 Abs. 2 des EBM berechnet werden konnte, wenn der Patient den Arzt im betroffenen Quartal nicht physisch aufsuchte. Andernfalls war der zusätzliche Videokontakt über die allgemeinen Pauschalen mitabgegolten. Abzugrenzen war er vom „persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt“ der nach Ziff. I. 4.3.1 Abs. 1 des EBM die räumliche und zeitgleiche Anwesenheit von Arzt und Patient und die direkte Interaktion derselben voraussetzt. Inhaltlich war die GOP 01439 zum einen an abschließend genannte Behandlungsszenarien und Arztgruppen sowie zum anderen an eine Einstufung als Folgebegutachtung nach einem physischen Arzt-Patienten-Kontakt in einem der beiden vorangegangen Quartale in derselben Praxis gebunden. Der nur ergänzende Charakter der Videosprechstunde war somit auch vergütungsrechtlich in Stein gemeißelt. Dasselbe galt auch für den partiell eingeführten Technikzuschlag nach der GOP 01450.

Auf der Grundlage des zum 01.01.2019 neu gefassten § 87 Abs. 2a SGB V wurden die GOP 01439 und 01450 zunächst durch Beschluss des Bewertungsausschusses vom 29.03.2019 abgeändert: Dabei entfiel insbesondere die Begrenzung auf abschließende Anwendungsfälle und die Not-wendigkeit eines der Videosprechstunde vorausgegangenen physischen Arzt-Patienten-Kontakts, gleichzeitig wurden die auf Fallkonferenzen bezogenen GOP 37120 und 37320 um den Hinweis ergänzt, dass diese auch für Videofallkonferenzen berechnungsfähig sind. Wenige Monate später erfolgte mit der EBM-Ziffer 01451 zum 01.10.2019 eine weitere GOP zur Videosprechstunde. Diese dient der Anschubförderung und kann für jeden Arzt-Patienten-Kontakt im Rahmen einer Videosprechstunde berechnet werden. Ihre Geltung ist bis zum 20.09.2021 befristet. Wie zuvor blieb dabei die berufsrechtliche Zulässigkeit der Videosprechstunde nach Ziff. I. 4.3.1 Abs. 2 S. 1 EBM weiterhin Grundbedingung der Berechnungsfähigkeit.

Trotz der vorgenannten Tendenzen zur Ausweitung der Videosprechstunde bestand vergütungsrechtlich zunächst noch immer eine Systemtrennung zwischen der Videosprechstunde und dem klassischen Arzt-Patienten-Kontakt. Dies wurde erst durch einen späteren Beschluss des Bewertungsausschusses ebenfalls mit Wirkung zum 01.10.2019 aufgegeben. Entscheidend war dabei die explizite Gleichstellung von persönlichen Arzt-Patienten-Kontakten und Arzt-Patienten-Kontakten im Rahmen einer Videosprechstunde bei der Berechnungsfähigkeit von Versicherten-Grund- oder Konsiliarpauschalen nach Ziff. I. 4.1 des EBM. Auf diese Weise wurde der Videosprechstunde der Zugang zu den allgemein geltenden GOP eröffnet, so dass es künftig keiner separaten Vergütungsziffer mehr bedurfte. Es erfolgte daher im selben Beschluss die ersatzlose Streichung der GOP 01439. Ein mittelbarer Nachrang gegenüber dem physischen Arzt-Patienten-Kontakt wird allerdings weiter dadurch aufrechterhalten, dass für die Videosprechstunde nach Ziff. I. 4.3.1 Abs. 5 des EBM in einigen GOP Abschläge bzw. der Ausschluss von Zuschlägen und insgesamt eine prozentuale Begrenzung der Behandlungsfälle vorgesehen sind. Ebenso zum 01.10.2019 wurden die GOP 01442 und 01444 in den EBM aufgenommen. Bei der Erstgenannten handelt es sich um eine Vergütungsziffer für die Videofallbesprechung zwischen dem behandelnden Vertragsarzt und der betreuenden Pflegekraft in Bezug auf einen chronisch pflegebedürftigen Patienten. Die GOP 01444 gewährt einen Zuschlag zu den Versichertenpauschalen, der für die Authentifizierung eines unbekannten Patienten innerhalb einer Videosprechstunde nach Anlage 4b zum BMV-Ä gezahlt wird. Rein praktisch sollten Sie für eine Videosprechstunde einen von der KBV zertifizierten Videodienstanbieter wählen. Aufgrund der Corona-Pandemie können die Videosprechstunden bis zum Jahresende unbegrenzt angeboten werden. Fallzahl und Leistungsmenge sind bis dahin nicht limitiert. 

Neue BEMA-Positionen für zahnärztliche Videosprechstunden

Zahnärzte können ab Oktober neue Leistungen in der zahnärztlichen Versorgung erbringen. Hierbei ist die Aufnahme von Videosprechstunden, Videofallkonferenzen, Telekonsilien sowie eines Technikzuschlags in den BEMA vorgesehen.

Feststellung der Arbeitsunfähigkeit per Videosprechstunde

Darüber hinaus ist aufgrund des Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 16.07.2020 aufgrund einer Änderung der Arbeitsunfähigkeitsrichtlinie die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit per Videosprechstunde unter gewissen Voraussetzungen möglich:

Als Voraussetzung für die Krankschreibung per Videosprechstunde gilt insbesondere, dass der Versicherte dem behandelnden Arzt bekannt sein muss. Zusätzlich muss die Untersuchung per Videosprechstunde auf Grund der Erkrankung überhaupt möglich sein.

Die erstmalige Feststellung der Arbeitsunfähigkeit ist auf einen Zeitraum von sieben Kalendertagen beschränkt. Eine Folgekrankschreibung über eine Videosprechstunde ist darüber hinaus nur zulässig, wenn die vorherige Krankschreibung aufgrund unmittelbarer persönlicher Untersuchung ausgestellt wurde. Die Erstbescheinigung oder die Folgebescheinigung können somit per Videosprechstunde ausgestellt werden. Einen Anspruch der Versicherten auf eine Untersuchung per Videosprechstunde besteht jedoch nicht.

Eine Krankschreibung bei Patienten, die in der betreffenden Arztpraxis noch nie persönlich vorstellig waren, ist ausgeschlossen.

Ebenso ist eine Feststellung der Arbeitsunfähigkeit nicht möglich, wenn diese nur aufgrund eines Online-Fragebogens, einer Chat-Befragung oder eines Telefonats erfolgte.

Mit demselben Beschluss setzte der G-BA noch weitere Änderungen an der Richtlinie um:

Ab dem 01.01.2021 wird die Ausfertigung der AU-Bescheinigung digitalisiert und elektronisch an die Krankenkasse übermittelt. Damit setzt der G-BA einen Auftrag aus dem TSVG (Termin und Versorgungsgesetz) um. Die elektronische Übermittlung erfolgt durch die Praxis mittels Telematikinfrastruktur. Neben der elektronischen Datenübermittlung müssen die Ärzte übergangsweise bis zum 31.12.2021 auch Papier-Bescheinigungen für den Versicherten und den Arbeitgeber ausstellen. Der Versicherte muss den Duchrschlag wie bisher an den Arbeitgeber weiterreichen. Ab dem 01.01.2022 stellen die Kassen die ihnen von den Vertragsärzten elektronisch übermittelten AU-Daten den Arbeitgebern ebenfalls digital zur Verfügung. Die Verpflichtung, dem Versicherten eine Bescheinigung der AU auszuhändigen, bleibt für die Ärzte jedoch bestehen. 

Fazit

Nunmehr hat das Vertragsarztrecht die berufsrechtliche Liberalisierung des Fernbehandlungsrechts aufgegriffen und in den Anlagen 1 und 31b sowie im EBM umgesetzt. Aufgrund der Änderungen sowie der gleichzeitigen Abschaffung der speziellen Videosprechstunden GOP-01439 wurde die Fernbehandlung im Vertragsarztrecht als echte und nahezu gleichwertige Alternative zum persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt etabliert. Die berufsrechtlichen Grenzen – insbesondere die therapeutische Vertretbarkeit im Einzelfall – bleiben auch weiterhin Grundbedingung für die Vergütungsfähigkeit.

Anlass der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinienänderung war die Lockerung des vorgenannten Verbotes der ausschließlichen Fernbehandlung gemäß § 7 Abs. 4 S. 3 MBO-Ä. Mit der getroffenen Regelung greift der Gemeinsame Bundesausschuss die Vorgaben der Musterberufsordnung auf und trägt ihnen in der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie Rechnung. 

Aktuelle Nachrichten und Urteile aus dem Medizinrecht

Rücknahme des Antrags auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens

BSG, Urteil v. 12.02.2020 – B 6 KA 19/18 R 

Ohne einen Antrag kann das vertragsärztliche Nachbesetzungsverfahren als reines Antragsverfahren nicht durchgeführt werden. Anträge auf die Durchführung eines Nachbesetzungsverfahrens können noch bis zu ihrer Bestandskraft der Auswahlentscheidung zurückgenommen werden.

Der Kläger war ein unterlegener Mitbewerber in einem Nachbesetzungsverfahren. Er wandte sich gegen die der beigeladenen Berufsausübungsgemeinschaft erteilte Genehmigung, im Rahmen des Nachbesetzungsverfahrens den Vertragsarztsitz eines Arztes gemäß § 103 Abs. 3a i.V.m. Abs. 4b S. 2 SGB V zu übernehmen und mit diesem Arzt als Angestellten fortführen zu dürfen.

Den gegen die Auswahlentscheidung eingelegten Widerspruch des Klägers wies der beklagte Berufungsausschuss zurück und ordnete die sofortige Vollziehung der Entscheidung an. Hiergegen erhobt der Kläger Klage vor dem Sozialgericht und beantragte die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage. Dem Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung gab das SG statt. Daraufhin erklärte der (nun) angestellte Arzt gegenüber dem Beklagten die Rücknahme seines Antrages auf Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens und auf Ausschreibung seines Vertragsarztsitzes. Stattdessen verzichtete er auf seinen Vertragsarztsitz, um bei der beigeladenen BAG gemäß § 103 Abs. 4b S. 1 SGB V angestellt zu werden.

In einem obiter dictum hat das BSG zudem entschieden, dass der Antrag auf Durch führung des Nachbesetzungsverfahrens auch dann zurückgenommen werden kann, wenn der Zulassungsausschuss die Durchführung des Nachbesetzungsverfahrens abgelehnt hat, die entsprechende Entscheidung aber noch nicht bestandskräftig geworden ist. Damit ist die Rechtsposition abgabewilliger Ärzte erheblich gestärkt worden. Um Missbrauch vorzubeugen, hat das BSG aber zugleich entschieden, dass ein neuer Nachbesetzungsantrag nur dann „beachtlich“ ist, wenn der Arzt ein berechtigtes Interesse für die Rücknahme und die erneute Antragstellung darlegen könne. Offen bleibt, ob diese Einschränkung nur für einen umgehenden Neuantrag oder auch für solche Neuanträge gilt, die Quartale oder Jahre später gestellt werden.

Erfolglose Klage gegen Ablehnung der Sitzverlegung bei Praxisnachfolge 

SG Marburg, Gerichtsbescheid v. 15.06.2020 – S 12 KA 395/19 

Ein Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe verzichtete auf seine Zulassung und lies den Vertragsarztsitz zur Nachbesetzung ausschreiben. Die Beendigung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit stellte der zuständige Zulassungsausschuss fest. Auf die Ausschreibung bewarb sich ein MVZ, mit dem auch ein Kaufvertrag geschlossen wurde.

Es wurde die Verlegung der Praxis mit Sitzübernahme in ca. 36,3 km Entfernung beantragt. Dieser Antrag wurde jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass die Verlegung unter Versorgungsgesichtspunkten nachteilig sei.

Die Klage des Arztes gegen den Ablehnungsbescheid blieb erfolglos. Ein besonderes Versorgungskonzept sei kein Grund für die Verlegung eines gynäkologischen Vertragsarztsitzes um 36 km im Rahmen einer Praxisnachfolge, befand das Gericht.

Im Übrigen stünden die Eigentumsrechte des Arztes der Ablehnungsentscheidung nicht entgegen. Die Verwertung der Praxis als solche sei eigentumsrechtlich geschützt und nicht die damit verbundene öffentlichrechtliche Zulassung. Soweit die Praxis mangels Fortführungsabsicht nicht übernommen werde, könne auch kein eigentumsrechtlicher Schutz zum Tragen kommen. Findet sich kein Bewerber zur Fortführung der Praxis, könne diese nicht verkauft werden bzw. bestehe für den potentiellen Käufer kein Anspruch auf Zulassung. 

Zeitpunkt der Kenntniserlangung eines Behandlungsfehlers im Arzthaftungsprozess

OLG Braunschweig, Beschluss v. 28.02.2020 – 9 U 31/19 

Hat ein Patient bzw. sein Bevollmächtigter bereits die naheliegende Erkenntnismöglichkeit aus ihm vorliegenden Informationen oder sogar schon die gebildete Überzeugung, ein bestimmter Behandlungs- oder Risikoaufklärungsfehler liege schadenskausal vor, reicht dies als erforderliche Kenntnis für den Beginn der Verjährungsfrist im Rahmen der Arzthaftung aus.

Auf besonderes medizinisches Fachwissen kommt es nicht an. Ausreichend ist die positive Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis der Tatsachen, aus denen der Patient mit einer Parallelwertung in der Sphäre des medizinischen Laien erkennen kann, dass eine Abweichung vom medizinischen Standard vorlag, die zu einem Schaden geführt hat.

Der Arzt schuldet im Rahmen der Einwilligungsaufklärung eine Information über die Risiken einer ordnungsgemäßen Behandlung. Diese Aufklärungspflicht erstreckt sich jedoch nicht auf etwaige Behandlungsfehler. 

Anordnung des Ruhens der Approbation nach Trunkenheitsfahrt

BayVGH, Beschluss v. 02.03.2020 – 21 CS 19.1736

Die Alkoholsucht eines Arztes als solche begründet regelmäßig die Annahme, dass er zur Ausübung seines Berufes in gesundheitlicher Hinsicht zumindest vorübergehend nicht geeignet ist. Eine Ethylglucuronid-Konzentration im Haar von mehr als 30 Pikogramm pro Milligramm ist als Beweis für exzessiven und regelmäßigen Alkoholgebrauch zu sehen. Eine Trunkenheitsfahrt mit einer Ethylglucuronid-Konzentration von mehr als 100 pg/mg hatte deswegen zu Recht die Anordnung des Ruhens der Approbation zur Folge.

Die im Eilverfahren getroffene Feststellung, dass die Klage gegen die Anordnung des Ruhens der Approbation als Arzt voraussichtlich ohne Erfolg bleiben wird, reicht für die Anordnung der sofortigen Vollziehung nicht aus. Der darin liegende selbstständige Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit ist nur unter strengen Voraussetzungen zum Schutz wichtiger Gemeinschaftsgüter und unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit statthaft. 

Auswertung von Krankenversicherungsdaten zur medizinischen Forschung vorläufig weiter zulässig

BVerfG, Beschluss v. 19.03.2020 – 1 BvQ 1/20 

Das BVerfG hat einen Antrag abgelehnt, den Vollzug der durch das Digitale-Versorgung-Gesetz im Dezember 2019 neu geschaffenen §§ 68a Abs. 5; 303a bis 303f SGB V im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung außer Kraft zu setzen.

§ 68a Abs. 5 SGB V ermächtigt die gesetzlichen Krankenkassen dazu, versichertenbezogene Daten pseudonymisiert oder anonymisiert auszuwerten, um den Versorgungsbedarf im Hinblick auf digitale Innovationen und deren möglichen Einfluss auf die Versorgung der gesetzlichen Versicherten zu ermitteln und etwaige positive Versorgungseffekte digitaler Anwendungen im Gesundheitsbereich zu ermitteln. Die §§ 303a ff. SGB V sollen die Nutzbarkeit bestimmter Gesundheitsdaten unter anderem für Forschungszwecke verbessern.

Nach Auffassung des BVerfG warf das Verfahren schwierige verfassungsrechtliche Fragen auf. Die Nachteile, die sich aus einer vorläufigen Anwendung der Vorschriften ergeben, wenn sich das Gesetz im Nachhinein als verfassungswidrig erweise, seien von erheblichem Gewicht. Sie überwögen aber nicht deutlich die Nachteile, die entstünden, wenn die Vorschriften außer Kraft träten, sich das Gesetz aber später doch als verfassungsgemäß erweise. 

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