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Das Aktuelle aus Steuern und Wirtschaft - Ausgabe Dezember 2019
GESETZGEBUNG
BUNDESREGIERUNG MÖCHTE BÜRGER UND VERWALTUNG ENTLASTEN
Das Bundeskabinett hat am 18.09.2019 das Bürokratieentlastungsgesetz III auf den gesetzgeberischen Weg gebracht. Danach sollen die Wirtschaft, die Bürger und die Verwaltung um ca. 1,1 Mrd. € entlastet werden.
Folgende Entlastungsmaßnahmen sind vorgesehen:
- Arbeitgeber haben bereits jetzt schon die Möglichkeit, die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit der Beschäftigten durch zielgerichtete betriebsinterne Maßnahmen der Gesundheitsförderung oder entsprechende Barleistungen für Maßnahmen externer Anbieter zu erhalten. Der Gesetzentwurf sieht vor, dass der Freibetrag ab 2020 von 500 € auf 600 € angehoben wird.
- Bei der Pauschalierung der Lohnsteuer für Teilzeitbeschäftigte und geringfügig Beschäftigten sind folgende Änderungen für Lohnzahlungszeiträume ab 2021 vorgesehen: Eine Pauschalierung der Lohnsteuer mit 25 % des Arbeitslohns soll bei kurzfristig Beschäftigten zulässig sein, wenn der durchschnittliche Arbeitslohn je Arbeitstag 120 € (statt bislang72 €) nicht übersteigt. Der pauschalisierungsfähige durchschnittliche Stundenlohn soll von 12 € auf 15 € steigen.
- Die Pauschalierungsgrenze für Beiträge des Arbeitgebers für eine Gruppenunfallversicherung soll auf 100 € angehoben werden.
- Wenn Unternehmer ihre berufliche oder gewerbliche Tätigkeit aufnehmen, müssen sie im Jahr der Gründung und im darauffolgenden Jahr monatlich Umsatzsteuer-Voranmeldungen Diese Regelung soll für den Zeitraum vom 01.01.2021 bis 31.12.2026 ausgesetzt werden (dann nur quartalsweise).
- Die Umsatzgrenze für die sogenannte Kleinunternehmerregelung soll von 500 € auf 22.000 € angehoben werden.
- Die Angaben, die anlässlich der Aufnahme einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit gegenüber dem Finanzamt zu machen sind, sollen künftig formalisiert elektronisch an die Finanzverwaltung übermittelt werden können.
UNTERNEHMER
SEPARATE LEISTUNGEN: WANN GILT EINHEITLICHER STEUERSATZ?
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat klargestellt, dass bei Vorliegen einer einheitlichen Leistung, die aus mehreren separaten Bestandteilen besteht, für die bei getrennter Erbringung unterschiedliche Steuersätze gelten würden, nur ein einheitlicher Steuersatz zur Anwendung kommt. Der Steuersatz richtet sich nach dem Hauptbestandteil. Das gilt auch dann, wenn der Preis jedes Bestandteils bestimmt werden kann.
Die Gesellschaft Stadion Amsterdam betrieb einen Mehrzweckgebäudekomplex (Arena), den sie für Sportwettkämpfe und andere Events vermietete. Daneben bot sie Besichtigungstouren durch die Arena an. Diese Touren bestanden aus einem geführten Stadionrundgang sowie einem Besuch im Museum des Fußballclubs. Das Museum konnte nicht ohne Teilnahme an dem geführten Rundgang besichtigt werden. Die Umsätze aus den Museumsbesuchen unterwarf die Gesellschaft dem ermäßigten Steuersatz. Die Umsätze aus den Stadionführungen versteuerte sie mit dem Regelsteuersatz.
Der EuGH führt aus, dass eine einheitliche Leistung, bestehend aus zwei separaten Bestandteilen (hier: Stadionrundgang und Museumsbesuch), für die bei getrennter Erbringung unterschiedliche Steuersätze gelten, nicht unterschiedlichen Steuersätzen unterliegen kann.
Das gilt auch dann, wenn der Preis jedes Bestandteils, der in den vom Verbraucher für die Inanspruchnahme dieser Leistung gezahlten Gesamtpreis einfließt, bestimmt werden kann oder sich die Parteien auf einen Preis einigen. Der geführte Stadionrund gang stellt den Hauptbestandteil, der Museumsbesuch den Nebenbestandteil dar.
Die Entscheidung des EuGH hat weitreichende Folgen für das nationale Umsatzsteuerrecht. Er bestätigt den Grundsatz, dass die Nebenleistung umsatzsteuerlich das Schicksal der Hauptleistung teilt. Das gilt insbesondere auch für den Steuersatz.
KLEINUNTERNEHMER: UMSATZBERECHNUNG BEI DIFFERENZBESTEUERUNG
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) kommt auf Vorlage des Bundesfinanzhofs (BFH) zu dem Ergebnis, dass für die Kleinunternehmerregelung in den Fällen der sogenannten Differenzbesteuerung nicht auf die Handelsspanne abzustellen ist. Dieses Urteil betrifft die Umsatzbesteuerung im Handel mit gebrauchten Gegenständen.
Kleinunternehmer sind Unternehmer, deren Gesamtumsatz im vorangegangenen Kalenderjahr 17.500 € nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr voraussichtlich 50.000 € nicht übersteigen wird. In diesen Fällen wird keine Umsatzsteuer in Rechnung gestellt. Wie dieser Umsatz zu berechnen ist, wenn der Unternehmer die sogenannte Differenzbesteuerung anwendet, hat der EuGH aktuell geklärt.
Die Differenzbesteuerung ist beim Handel mit gebrauchten beweglichen, körperlichen Gegenständen von Bedeutung. In diesen Fällen unterliegt nicht der Verkaufspreis, sondern die Differenz zwischen Einkaufs und Verkaufspreis (Handelsspanne) der Umsatzsteuer.
Viele Wiederverkäufer haben in der Vergangenheit die Kleinunternehmerregelung in Anspruch genommen. Aufgrund einer Änderung der Verwaltungsauffassung zum 01.01.2010 gelten viele Wiederverkäufer nicht mehr als Kleinunternehmer, da für die Ermittlung des Gesamtumsatzes nun auf die vereinnahmten Entgelte abzustellen ist.
Im Streitfall hatte ein Gebrauchtwarenhändler vor dem Finanzgericht bereits einen Sieg errungen. Da bei der Differenzbesteuerung nach der Mehrwertsteuersystem-Richtlinie (MwStSyst-RL) nur die Handelsspanne besteuert werde, könne nur diese für die Bemessung der Umsatzgrenze herangezogen werden.
Der BFH hat daher den EuGH zur Klärung angerufen. Der EuGH hat entschieden, dass es dem EU-Recht widerspricht, wenn nur die erzielte Handelsspanne berücksichtigt wird. Der Umsatz sei auf der Grundlage aller von dem Wiederverkäufer vereinnahmten oder zu vereinnahmenden Beträge ohne Umsatzsteuer zu ermitteln. Das ergebe sich sowohl aus dem Wortlaut als auch aus der Entstehungsgeschichte der MwStSystRL.
NIEDRIGPREISWAREN: WIE IST DIE LEISTUNG AUSZUWEISEN?
Es bestehen Zweifel daran, welche Anforderungen an Leistungsbeschreibungen für Waren im Niedrigpreissegment zu stellen sind. Das Finanzgericht Hamburg hat aktuell entschieden, dass der Vorsteuerabzug aus Eingangsrechnungen nur dann zu gewähren ist, wenn die in der Rechnung ausgewiesene Lieferung tatsächlich an den Unternehmer erfolgt.
Im vorliegenden Fall ging es um einen Versandeinzelhändler, der über das Internet insbesondere Schuhe und Textilien vertrieb. Im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die Voranmeldungszeiträume März 2016 bis März 2017 versagte die Prüferin den Vorsteuerabzug aus diversen Eingangsrechnungen, da die Rechnungen keine ausreichenden Leistungsbeschreibungen enthielten.
Es lagen lediglich Gattungsbezeichnungen vor (Schuhe, Jeans), die die Gegenstände nicht hinreichend konkretisierten. Ferner lagen der Prüferin Erkenntnisse vor, dass einige Unternehmen keine Warenlieferungen erbracht und nur Scheinrechnungen ausgestellt hatten. Zudem war auffällig, dass die Barmittel aus den Auszahlungen des Bankkontos zur Begleichung der Rechnungen nicht ausreichten. Es konnten jedoch keine unbaren Zahlungen festgestellt werden.
Die gerichtlichen Anträge auf Aussetzung der Vollziehung hatten keinen Erfolg. Das Finanzamt hatte den Vorsteuerabzug zu Recht versagt. Es bestehen zwar ernstliche Zweifel daran, welche Anforderungen an eine Leistungsbeschreibung für Waren im Niedrigpreissegment zu stellen sind. Ein Vorsteuerabzug kann jedoch nur in Anspruch genommen werden, wenn die in der Rechnung ausgewiesene Lieferung tatsächlich an den Unternehmer bewirkt worden ist. Ein Gutglaubensschutz besteht weder nach nationalem noch nach Unionsrecht.
„VERGESSENE“ SONDERBETRIEBSAUSGABEN: NACHHOLUNG MÖGLICH?
Aufwendungen eines einzelnen Gesellschafters, die durch seine Beteiligung an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft veranlasst sind, fließen in seine gewerblichen Einkünfte ein. Sie sind bei ihm als Sonderbetriebsausgaben zu berücksichtigen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden, dass aus privaten Mitteln des Gesellschafters gezahlte Sonderbetriebsausgaben, die in ihrem Entstehungsjahr versehentlich steuerlich unberücksichtigt geblieben sind, nicht im Folgejahr abgezogen werden können.
Geklagt hatte eine bilanzierende Kommanditgesellschaft, deren Kommanditistin im Jahr 2008 Rechtsberatungskosten aufgrund einer gesellschaftsrechtlichen Auseinandersetzung mit einem früheren Mitgesellschafter getragen hatte. Im Rahmen der Feststellungserklärung 2008 wurden die Kosten nicht geltend gemacht, so dass das Finanzamt sie unberücksichtigt ließ.
Der Versuch, die Kosten im Folgejahr geltend zu machen, scheiterte nun. Der BFH urteilte, dass die Aufwendungen aufgrund des zugrundeliegenden Beratungsgegenstands zwar dem Grunde nach Sonderbetriebsausgaben waren, diese jedoch nicht mehr im Jahr 2009 geltend gemacht werden konnten.
Die Beratung wurde 2008 erbracht, so dass 2008 im Sonderbetriebsvermögen eine entsprechende Verbindlichkeit entstanden war und deshalb ein Aufwand in der Gewinnermittlung 2008 hätte berücksichtigt werden müssen.
GEWERBESTEUERKÜRZUNG BEI MITVERMIETUNG VON BETRIEBSVORRICHTUNGEN?
Wenn ein Gewerbebetrieb Grundbesitz in seinem Betriebsvermögen hält, das nicht von der Grundsteuer befreit ist, mindert sich sein für die Gewerbesteuer relevanter Gewerbeertrag um 1,2 % des Einheitswerts, der zuletzt für den Grundbesitz festgestellt worden ist.
Reinen Grundstücksunternehmen, die ausschließlich eigenen Grundbesitz verwalten und nutzen, steht eine sogenannte erweiterte Gewerbesteuerkürzung zu: Sie können ihren Gewerbeertrag um den Teil kürzen, der auf die Verwaltung und Nutzung des eigenen Grundbesitzes entfällt, so dass eine Doppelbelastung in vollem Umfang vermieden wird.
Nach einem aktuellen Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) können grundbesitzverwaltende Unternehmen diese erweiterte Kürzung aber nicht beanspruchen, wenn sie Ausstattungsgegenstände mitvermieten, die als Betriebsvorrichtungen zu qualifizieren sind.
Im zugrundeliegenden Urteilsfall hatte eine grundbesitzverwaltende GmbH neben einem Hotelgebäude auch Ausstattungsgegenstände wie beispielsweise eine Bierkellerkühlanlage und Kühlmöbel für Theken- und Büfettanlagen mitvermietet. Das Finanzamt hatte deshalb die erweiterte Kürzung des Gewerbeertrags abgelehnt.
Der BFH verwies darauf, dass die mitvermieteten Kühlanlagen als Betriebsvorrichtungen zu qualifizieren sind, da der in einem Hotel stattfindende Betriebsvorgang der Bewirtung nicht ohne Kühlungsvorrichtungen durchführbar wäre. Die Anlagen könnten nicht dem Gebäude zugerechnet werden, weil sie nicht der Nutzung des Gebäudes dienten, sondern auf die besonderen Anforderungen eines Hotels zugeschnitten seien und in unmittelbarem Zusammenhang mit der Gästebewirtung stünden.
GMBH-GESCHÄFTSFÜHRER
TEILWERTABSCHREIBUNG: AUSWIRKUNGEN DES ASTG
Forderungen aus Lieferungen und Leistungen zwischen Mutter- und Tochterunternehmen sind in der Praxis allein schon aufgrund von CashPools und Verrechnungskonten vollkommen üblich, bergen in steuerlicher Hinsicht jedoch Risiken. Hier ist die Fremdüblichkeit das Maß der Dinge:
Nur wenn sich Gläubiger und Schuldner fremdüblich verhalten, erkennt der Fiskus etwaige Verluste aus Forderungen an. Zu der Fremdüblichkeit gehören insbesondere die Verzinslichkeit, die Besicherung und die Zahlungsmodalitäten.
Neben den rein nationalen Besteuerungswerkzeugen, wie zum Beispiel verdeckten Gewinnausschüttungen und verdeckten Einlagen, kommen in grenzüberschreitenden Fällen noch weitere Schwierigkeiten hinzu.
Hier ist beispielsweise das Außensteuergesetz (AStG) zu nennen. Nach § 1 AStG darf die Finanzverwaltung mehr oder weniger pauschal jeglichen Aufwand verweigern, sofern sich die Beteiligten nicht fremdüblich verhalten.
So hatte eine Kommanditgesellschaft (KG) Verluste aus einer Forderung (aus Lieferungen und Leistungen) gegenüber einer in China ansässigen Tochtergesellschaft. Aufgrund der Wertlosigkeit der Forderung nahm die KG sowohl handels- als auch steuerrechtlich eine gewinnmindernde Teilwertabschreibung vor.
Unter Berufung auf das AStG verweigerte das zuständige Finanzamt jedoch nicht nur die komplette Gewinnminderung, sondern erhöhte den Gewinn der KG sogar noch um 3 %. Ersteres begründete das Finanzamt mit dem Umstand, dass die Forderung nicht besichert war. Die Gewinnerhöhung nahm es vor, weil darüber hinaus keine Verzinsung vereinbart war. Dagegen klagte die KG, scheiterte jedoch vor dem Bundesfinanzhof (BFH).
Der BFH gab dem Finanzamt in beiden Punkten recht. Weder schränke das Doppelbesteuerungsabkommen mit China den Anwendungsbereich des AStG ein, noch stehe das Unionsrecht der Anwendung des AStG entgegen.
ARBEITGEBER UND ARBEITNEHMER
UNBELEGTE BRÖTCHEN MIT HEISSGETRÄNK SIND KEIN FRÜHSTÜCK
Wenn Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern kostenlos oder verbilligt Speisen und Getränke anbieten, kann darin eine Zuwendung von Arbeitslohn liegen, so dass Lohnsteuer anfällt. Von Arbeitslohn ist regelmäßig auszugehen, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine komplette Mahlzeit (Frühstück, Mittagessen oder Abendessen) kostenlos oder verbilligt überlässt.
Eine IT-Firma aus Nordrhein-Westfalen hat vor dem Bundesfinanzhof (BFH) jetzt einen Lohnsteuerzugriff auf ihre dargereichte Pausenverpflegung abgewendet. Sie hatte ihren Arbeitnehmern kostenlos unbelegte Backwaren (z.B. Laugen-, Käse- und Rosinenbrötchen) und Heißgetränke zum sofortigen Verzehr im Betrieb bereitgestellt. Das Finanzamt hatte die Verpflegung im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung als Frühstück eingestuft und den dafür geltenden amtlichen Sachbezugswert der Lohnversteuerung unterworfen.
Der BFH lehnte eine Besteuerung der Pausenverpflegung nun jedoch ab und urteilte, dass die dargereichte Verpflegung keine Mahlzeit, sondern lediglich eine nichtsteuerbare Aufmerksamkeit darstelle.
Nach Gerichtsmeinung war in der dargereichten Verpflegung begrifflich kein Frühstück zu sehen, da selbst für ein einfaches Frühstück ein Aufstrich oder Brotbelag hinzukommen müsse. Welche Brötchensorten überlassen wurden, war für das Gericht unerheblich. Der Arbeitslohncharakter der Pausenverpflegung war hier auch deshalb nicht gegeben, weil die Brötchen und Getränke nur zum sofortigen Verzehr im Betrieb bereitstanden, sie allen Arbeitnehmern unterschiedslos gewährt wurden und der Verzehr während der bezahlten Arbeitszeit stattfand.
HAUSBESITZER
GRUNDSTÜCKSENTEIGNUNG LÖST KEIN PRIVATES VERÄUSSERUNGSGESCHÄFT AUS
Bei einem Immobilienverkauf müssen erzielte Wertsteigerungen als Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften versteuert werden, wenn zwischen Anschaffung und Verkauf nicht mehr als zehn Jahre liegen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat nun entschieden, dass ein Eigentumsverlust durch Enteignung (innerhalb der Zehnjahresfrist) kein privates Veräußerungsgeschäft auslöst.
Geklagt hatte ein Grundstückseigentümer, der von der Stadt im Rahmen eines sogenannten Bodensonderungsverfahrens enteignet worden war. Im Gegenzug hatte die Stadt ihm eine Entschädigung von 600.000 € gezahlt. Weil Anschaffung und Enteignung innerhalb der Zehnjahresfrist lagen, ging das Finanzamt von einem privaten Veräußerungsgeschäft aus, so dass es einen Veräußerungsgewinn von ca. 218.000 € besteuerte.
Der BFH wandte diesen Steuerzugriff nun jedoch ab und urteilte, dass der Kläger durch den zwangsweisen Eigentumsverlust kein privates Veräußerungsgeschäft getätigt hat. Nach Gerichtsmeinung liegt nur dann eine Anschaffung oder Veräußerung im Sinne eines privaten Veräußerungsgeschäfts vor, wenn der entgeltliche Erwerbs oder Übertragungsvorgang wesentlich vom Willen des Grundstückseigentümers abhängt.
KAPITALANLEGER
ABGELTUNGSTEUER AB 2009: STÜCKZINSEN BLEIBEN STEUERPFLICHTIG
Zahlt der Erwerber einer Kapitalforderung an den Veräußerer ein Entgelt für die Zinsen des laufenden Zinszahlungszeitraums, die auf den Zeitraum bis zur Veräußerung entfallen, spricht man von sogenannten Stückzinsen.
In zwei neuen Urteilen hat der Bundesfinanzhof (BFH) jetzt entschieden, dass ab dem Veranlagungszeitraum 2009 (= nach Einführung der Abgeltungsteuer) bezogene Stückzinsen als Gewinn aus der Veräußerung einer sonstigen Kapitalforderung versteuert werden müssen. Dies gilt nach Gerichtsmeinung auch dann, wenn die veräußerte Forderung vor dem 01.01.2009 erworben wurde.
Einem der Urteilsfälle lag die Klage einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zugrunde, die im Veranlagungszeitraum 2009 bei der Veräußerung einer Kapitalforderung offen ausgewiesene Stückzinsen von rund 9.000 € vereinnahmt hatte. Sie hatte die Kapitalforderung vor 2009 erworben und war der Auffassung, dass die Stückzinsen aufgrund einer Übergangsregelung im Einkommensteuergesetz nicht steuerbar seien. Eine Besteuerung führe zu einer verfassungswidrigen echten Rückwirkung.
Der BFH sah in den zugrundeliegenden Besteuerungsregeln jedoch keinen Verfassungsverstoß und erklärte, dass die damals durch das Jahressteuergesetz 2010 erfolgte Festschreibung der Steuerpflicht von Stückzinsen lediglich die bestehende Rechtslage klargestellt habe. Demnach waren Stückzinsen auch bis einschließlich 2008 bereits als steuerpflichtige Kapitaleinkünfte zu erfassen.
ALLE STEUERZAHLER
ÜBUNGSLEITER: GÜNSTIGE BFH-URTEILE NUN ANWENDBAR
Wer als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher oder Betreuer (z.B. in einem Sportverein) nebenberuflich tätig ist, kann seine Einnahmen bis zu 2.400 € pro Jahr steuerfrei beziehen. Ausgaben im Zusammenhang mit der nebenberuflichen Tätigkeit konnten steuerlich bislang nur dann als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten abgesetzt werden, wenn sowohl die Einnahmen als auch die Ausgaben über dem Freibetrag lagen.
Nach zwei aktuellen Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) können Ausgaben im Zusammenhang mit der nebenberuflichen Tätigkeit auch dann abgesetzt werden, wenn die Einnahmen unter dem Freibetrag liegen. In einem der Entscheidungsfälle hatte eine Übungsleiterin von ihrem Sportverein 2012 Einnahmen von insgesamt 1.200 € bezogen. Der Übungsleiter-Freibetrag lag damals bei 2.100 €. Da sie zu den Auswärtswettkämpfen mit dem eigenen Pkw anreiste, waren ihr Fahrtkosten von 4.062 € entstanden die sie - zunächst erfolglos - in der Einkommensteuererklärung geltend machte.
Nach der Entscheidung des BFH können die Ausgaben auch in dieser Fallkonstellation abgezogen werden, soweit sie die steuerfreien Einnahmen übersteigen. Zentrale Voraussetzung hierfür ist aber, dass die nebenberufliche Tätigkeit mit Einkünfteerzielungsabsicht ausgeübt wird. Der Übungsleiter muss über die gesamte (jahresübergreifende) Dauer seiner Tätigkeit also einen Totalgewinn anstreben. Ansonsten bewegt er sich im Bereich der steuerlich irrelevanten Liebhaberei, so dass keine Kosten abgerechnet werden können. Bei bestehender Einkünfteerzielungsabsicht kann die Klägerin für 2012 also einen steuerlichen Verlust von 2.862 € geltend machen (Ausgaben von 4.062 € abzüglich der steuerfreien Einnahmen von 1.200 €).
Die Oberfinanzdirektion Frankfurt am Main hat in einer aktualisierten Verfügung nun darauf hingewiesen, dass die steuerzahlerfreundlichen BFHUrteile mittlerweile im Bundessteuerblatt (Teil II) veröffentlicht worden sind, so dass sie über den entschiedenen Einzelfall hinaus allgemein angewandt werden können. Auch andere Steuerzahler können sich somit darauf berufen. Die Finanzämter müssen ruhende Einspruchsverfahren zur Thematik nun wieder aufnehmen und auf Grundlage der BFH-Rechtsprechung entscheiden.
TREPPENLIFT ALS AUSSERGEWÖHNLICHE BELASTUNG?
Viele Krankheitskosten werden vom Finanzamt nur dann als außergewöhnliche Belastung anerkannt, wenn der Steuerbürger die Zwangsläufigkeit der Kosten nachweisen kann. Als Faustregel gilt dabei: Je lockerer von außen betrachtet der Zusammenhang zwischen den Kosten und einer Krankheit erscheint, desto höher sind die Nachweishürden. Die Finanzämter unterscheiden wie folgt:
- Kein Nachweis: Die Kosten für übliche medizinische Behandlungen dürfen ohne ärztliche Verordnung bzw. ohne amtsärztliches Gutachten abgezogen
- Einfacher Nachweis: Kosten für Arznei-, Heilmittel und sogenannte Hilfsmittel im engeren Sinne (z.B. Hörgeräte, Bril len und Prothesen) werden von den Finanzämtern nur anerkannt, wenn der Steuerbürger eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers vorweisen
- Qualifizierter Nachweis: Kosten für Bade oder Heilkuren, wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden und medizinische Hilfsmittel im weiteren Sinne, die als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind (z.B. Gesundheitsschuhe), werden nur dann steuerlich anerkannt, wenn der Steuerbürger ein vorab ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorab ausgestellte ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung vorlegen kann.
Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs müssen Steuerzahler für den Einbau eines Treppenlifts keinen qualifizierten Nachweis vorlegen, da Treppenlifte keine Hilfsmittel im weiteren Sinne sind. Sollte das Finanzamt die medizinische Notwendigkeit eines Treppenlifts bezweifeln, genügt ein einfaches ärztliches Attest als Nachweis, das bei Bedarf auch nachträglich eingeholt werden kann. Liegt beim Steuerzahler der Pflegegrad 4 oder 5 vor oder ist eine Schwerbehinderung mit Gehbehinderung („G“ im Schwerbehindertenausweis) gegeben, ist ein Attest in der Regel nicht notwendig.
Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung kann trotz sorgfältiger Bearbeitung nicht übernommen werden. Zu den behandelten Themen wird gerne weitere Auskunft erteilt.
ZAHLUNGSTERMINE STEUERN UND SOZIALVERSICHERUNG
10.12.2019 (13.12.2019*)
- Umsatzsteuer
(Monatszahler) - Lohnsteuer mit SolZ u. KiSt
(Monatszahler) - Einkommensteuer mit SolZ u. KiSt
(Vorauszahlung) - Körperschaftsteuer mit SolZ
(Vorauszahlung)
23.12.2019
- Sozialversicherungsbeiträge
(*) Letzter Tag der Zahlungsschonfrist, nicht für Bar und Scheckzahler. Zahlungen mit Scheck sind erst drei Tage nach dessen Eingang bewirkt.
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