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Das Aktuelle aus Steuern und Wirtschaft - Ausgabe Oktober 2020

GESETZGEBUNG

JAHRESSTEUERGESETZ: BMF LEGT REFERENTENENTWURF VOR

Das Bundesfinanzministerium hat am 17.07.2020 den Referentenentwurf für ein Jahressteuergesetz (JStG) 2020 vorgelegt. Mit einem JStG wird in der Regel eine Vielzahl von Änderungen im Steuerrecht vorgenommen. Von diesen Änderungen sind insbesondere auch das Einkommen- sowie das Umsatzsteuergesetz betroffen. Im JStG 2020 sollen unter anderem folgende Änderungen vorgenommen werden: 

  • Flexibilisierung der Investitionsabzugsbeträge nach § 7g Einkommensteuergesetz (EStG): Bereits jetzt können für künftige betriebliche Investitionen Investitionsabzugsbeträge gebildet werden. Voraussetzungen hierfür sind ein bestimmter Grad der betrieblichen Nutzung des angeschafften oder hergestellten Wirtschaftsguts sowie die Einhaltung von Gewinngrenzen durch das Unternehmen. Geplant ist, die bisher erforderliche betriebliche Nutzung des Wirtschaftsguts von mindestens 90 % abzusenken. Zukünftig soll es ausreichen, wenn das betreffende Wirtschaftsgut im maßgebenden Nutzungszeitraum zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird. Daneben soll künftig für alle Einkunftsarten eine einheitliche Gewinngrenze in Höhe von 125.000 € gelten. Zudem ist eine Anhebung der begünstigten Investitionskosten von 40 % auf 50 % geplant. Die Änderungen sollen bereits für nach dem 31.12.2019 beginnende Wirtschaftsjahre gelten. 
  • Aufwendungen bei der verbilligten Wohnraumvermietung nach § 21 EStG: Derzeit wird bei einer verbilligten Überlassung einer Wohnung zu weniger als 66 % der ortsüblichen Miete eine generelle Aufteilung der Nutzungsüberlassung in einen entgeltlich und einen unentgeltlich vermieteten Teil vorgenommen, wobei nur die auf den entgeltlich vermieteten Teil der Wohnung entfallenden Werbungskosten von den Mieteinnahmen abgezogen werden können. Diese Grenze soll ab 2021 auf 50 % der ortsüblichen Miete herabgesetzt werden. Beträge das Entgelt 50 % und mehr, jedoch weniger als 66 % der ortsüblichen Miete, ist nunmehr (wieder) eine Totalüberschussprognoseprüfung vorzunehmen.
  • Zusätzlichkeitserfordernis bei Arbeitgeberleistungen nach § 8 Abs. 4 EStG: Die Steuerfreiheit vieler Arbeitgeberleistungen hängt insbesondere davon ab, ob diese zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden. Die Bundesregierung möchte mit dem JStG 2020 erneut versuchen, eine arbeitnehmerfreundliche Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs aufzuhebeln. So soll das Zusätzlichkeitserfordernis nur noch unter folgenden Voraussetzungen erfüllt sein: wenn die Leistung nicht auf den Anspruch auf Arbeitslohn angerechnet, der Anspruch auf Arbeitslohn nicht zugunsten der Leistung herabgesetzt, die verwendungs- oder zweckgebundene Leistung nicht anstelle einer bereits vereinbarten künftigen Erhöhung des Arbeitslohns gewährt und bei Wegfall der Leistung der Arbeitslohn nicht erhöht wird. Die Regelung soll erstmals auf nach dem 31.12.2019 zugewendete Bezüge angewendet werden. 

Auch für das Umsatzsteuergesetz (UStG) sind diverse Änderungen vorgesehen, zum Beispiel die Umsetzung des Mehrwertsteuer-Digitalpakets sowie das Reverse-Charge-Verfahren bei Telekommunikationsdienstleistungen:

  • Das bisherige besondere Besteuerungsverfahren für im Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer, die elektronische Dienstleistungen erbringen (sog. Mini-One-Stop-Shop), soll auf Lieferungen innerhalb eines Mitgliedstaats über eine elektronische Schnittstelle, innergemeinschaftliche Fernverkäufe und alle am Ort des Verbrauchs ausgeführten Dienstleistungen an Nichtunternehmer mit Sitz oder Wohnsitz im Gemeinschaftsgebiet ausgedehnt werden (sog. One-Stop-Shop/einzige Anlaufstelle).
  • Für Fernverkäufe von Gegenständen in Sendungen mit einem Sachwert bis 150 € aus dem Drittlandsgebiet soll ein neuer Import-One-Stop-Shop (IOSS) eingeführt werden. 
  • Innergemeinschaftliche Lieferungen sollen über die Nutzung von elektronischen Schnittstellen in der Abwicklung vereinfacht werden.
  • Die sogenannte Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13b UStG soll auf Telekommunikationsdienstleistungen ausgedehnt werden.

UNTERNEHMER

GASTRONOMIE: ERMÄSSIGTER UMSATZSTEUERSATZ BEFRISTET

Das Coronavirus ist für Unternehmen zu einer echten Herausforderung geworden. Die Folgen für das Wirtschaftsleben sind gravierend. Besonders betroffen sind Gastronomiebetriebe. 

Das Bundesfinanzministerium (BMF) reagiert auf diese schwierige Lage mit steuerlichen Hilfsmaßnahmen. Es hat in diesem Zusammenhang am 02.07.2020 ein Schreiben veröffentlicht und die Regelungen des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses angepasst. Für Restaurants- und Verpflegungsdienstleistungen ist demnach - mit Ausnahme von Getränken - ein ermäßigter Umsatzsteuersatz anzuwenden. Dieser Steuersatz gilt befristet für den Zeitraum vom 01.07.2020 bis zum 30.06.2021.

Es ist demnach nicht zu beanstanden, wenn zur Aufteilung des Gesamtkaufpreises von sogenannten Kombiangeboten aus Speisen inklusive Getränken (z.B. bei Buffet- oder All-inclusive-Angeboten) der auf die Getränke entfallende Entgeltanteil mit 30 % des Pauschalpreises berücksichtigt wird.

Zudem stellt das BMF klar, dass es ebenfalls nicht beanstandet wird, wenn in einem Pauschalangebot enthaltene nichtbegünstigte Leistungen in der Rechnung zu einem Sammelposten (z.B. Business-Package oder Servicepauschale) zusammengefasst und der darauf entfallende Entgeltanteil in einem Betrag angesetzt werden. Der auf diese Leistungen entfallende Entgeltanteil kann mit 15 % des Pauschalpreises angesetzt werden. 

EINFUHRUMSATZSTEUER: WAS SIE JETZT ZUM VORSTEUERABZUG WISSEN SOLLTEN

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat am 16.07.2020 ein Schreiben zum Vorsteuerabzug bei der Einfuhrumsatzsteuer veröffentlicht. Die Regelungen des Umsatzsteuer-Anwendungserlasses sind in diesem Zusammenhang angepasst worden. 

Die Einfuhrumsatzsteuer wird neben den Zöllen und den besonderen Verbrauchsteuern (die auf den Verbrauch oder Gebrauch bestimmter Waren erhoben werden und somit die Einkommens- oder Vermögensverwendung belasten) bei der Einfuhr von Waren aus Drittländern durch die deutsche Zollverwaltung erhoben.

Das BMF hat sich nun mit der Frage beschäftigt, ob sich der Zeitpunkt der Lieferung für Zwecke des Vorsteuerabzugs nach dem Umsatzsteuergesetz (umsatzsteuerliche Ortsbestimmung) oder nach dem Zivilrecht (z.B. Incoterms) richtet. Es stellt klar, dass hier die bisher vertretene Verwaltungsauffassung gilt. Danach regelt das Umsatzsteuergesetz den Lieferort und damit auch den Zeitpunkt der Lieferung.

Das BMF ändert den Umsatzsteuer-Anwendungserlass zur Klarstellung.

BMF NIMMT STELLUNG ZUR ERREICHBARKEIT DES RECHNUNGSAUSSTELLERS

Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat mit Schreiben vom 13.07.2020 zur postalischen Erreichbarkeit des Rechnungsausstellers sowie zur Identität von Rechnungsaussteller und Leistungserbringer Stellung genommen. In diesem Zusammenhang ist der Umsatzsteuer-Anwendungserlass angepasst worden.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat bereits 2018 in mehreren Urteilen entschieden, unter welchen Voraussetzungen eine Rechnung zum Vorsteuerabzug berechtigt. Danach ist ein Vorsteuerabzug auch dann möglich, wenn die wirtschaftliche Tätigkeit des leis-tenden Unternehmers nicht unter der Anschrift ausgeübt wird, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben ist. Eine Briefkastenadresse kann ausreichend sein. Der Zeitpunkt der Rechnungsausstellung ist hier maßgeblich.

Ferner hat der BFH 2019 klargestellt, dass für den Vorsteuerabzug eine Identität von Rechnungsaussteller und leistendem Unternehmer notwendig ist. 

Das BMF hat in seinem aktuellen Schreiben die Rechtsprechung des BFH übernommen und den Umsatzsteuer-Anwendungserlass entsprechend geändert. Das bisherige BMF-Schreiben vom 07.12.2018 wurde aufgehoben.

KASSE: BUNDESLÄNDER VERLÄNGERN DIE NICHTBEANSTANDUNGSFRIST

Nach dem Kassengesetz sind Betriebe seit dem 01.01.2020 grundsätzlich verpflichtet, manipulationssichere Kassen einzusetzen. Elektronische Kassensysteme müssen demnach über eine sogenannte zertifizierte technische Sicherheitseinrichtung (TSE) verfügen. Die Vorgänge im Kassensystem müssen protokolliert werden, so dass nachträgliche Änderungen nachvollziehbar sind.

Da es beim Zertifizierungsverfahren zeitliche Verzögerungen gab, hatte das Bundesfinanzministerium (BMF) betroffenen Betrieben für die Umrüstung ihrer Kassen zunächst eine Nichtbeanstandungsfrist bis zum 30.09.2020 eingeräumt.

Aufgrund der Corona-Pandemie und im Zuge der damit verbundenen temporär geänderten Umsatzsteuersätze haben sich nach und nach die Landesfinanzverwaltungen fast aller Bundesländer dazu entschlossen, diese Nichtbeanstandungsfrist bis zum 31.03.2021 zu verlängern.

Bis zum 31.03.2021 wird eine fehlende TSE-Umrüstung von den Finanzämtern nicht beanstandet. Die Voraussetzungen hierfür variieren jedoch je nach Bundesland. In Baden-Württemberg gilt die verlängerte Nichtbeanstandungsregelung beispielsweise nur, wenn Betriebe nachweisen können, dass die Ausrüstung ihrer elektronischen Kassensysteme mit TSE bis zum 30.09.2020 nicht möglich war, aber vor dem 01.10.2020 eine verbindliche Bestellung erfolgt oder ein Auftrag erteilt worden ist.

Hinweis: Das BMF hält trotz des Vorstoßes der Bundesländer bislang an seiner ursprünglich gewährten Frist (30.09.2020) fest, lehnt eine Verlängerung der Frist also ab. Hierzu wird noch ein entsprechendes BMF-Schreiben erwartet. Wir halten Sie natürlich weiterhin auf dem Laufenden!

EUGH: VORSTEUERBERICHTIGUNG FÜR DEN ERFOLGLOSEN UNTERNEHMER

Wann die Erfolglosigkeit eines Unternehmers zu einer Vorsteuer­berichtigung führt, musste der Europäische Gerichtshof (EuGH) aufgrund eines Vorabentscheidungsersuchens des Bundesfi­nanzhofs (BFH) im folgenden Urteilsfall entscheiden. 

Demnach führt die Erfolglosigkeit eines Unternehmers, die eine Nichtnutzung einer zuvor vorrangig für steuerpflichtige Umsätze genutzten Cafeteria zur Folge hat, laut EuGH nur dann zu einer Vorsteuerberichtigung, wenn der Unternehmer sämtlichen besteuerten Umsatz in diesen Räumlichkeiten eingestellt hat, er weiterhin steuerfreie Umsätze in diesen Räumlichkeiten erwirtschaftet und die Cafeteria ausschließlich für diese Um­sätze nutzt. 

Im Urteilsfall ging es um ein Alten- und Pflegeheim in Form ei­ner GmbH mit umsatzsteuerfreien Umsätzen. 2003 eröffnete die GmbH in einem Anbau eine Cafeteria, die für Dritte und Besucher durch einen Außeneingang und vom Speisesaal des Pflegeheims aus für die Heimbewohner zugänglich war. 

Die Cafeteria sollte ausschließlich für umsatzsteuerpflichtige Umsätze genutzt werden. Da die GmbH keine Einzelaufzeich­nungen führte, wurde im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonder­prüfung der Vorsteuerabzug aufgrund der teilweisen Nutzung der Cafeteria durch die Heimbewohner einvernehmlich mit dem Finanzamt um 10 % gekürzt. 

2014 wurde im Rahmen einer Betriebsprüfung festgestellt, dass die Cafeteria gemäß Gewerbeabmeldung wegen Erfolglosig­keit zum 28.02.2013 aufgegeben worden war. Seit 2008 bzw. 2009 waren kein Wareneinkauf und keine Umsätze für die Ca­feteria mehr zu verzeichnen. Insofern wurden die Räumlichkei­ten nur noch vorsteuerschädlich durch die Heimbewohner genutzt. Die Prüferin führte daher für 2009 bis 2012 jährliche Vorsteuerberichtigungen durch. 

Die Klage dagegen hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht führte aus, dass das Finanzamt die Vorsteuerkorrektur richtig vorge­nommen habe, da sich die für den Vorsteuerabzug maßgeb­lichen Verhältnisse der Cafeteria geändert hätten. Der BFH stellte in Frage, dass die fehlende wirtschaftliche Rentabilität eine Änderung der Verhältnisse im Sinne des Umsatzsteuergesetzes und somit eine Vorsteuerkorrektur begründete. 

Die Sache landete vor dem EuGH. Dieser erachtete die vom Finanzamt vorgenommene Vorsteuerberichtigung als mit dem Unionsrecht vereinbar und demnach korrekt. Danach führe die Aufgabe einer steuerpflichtigen Tätigkeit zu einer Änderung der Nutzungsanteile und somit zur Vorsteuerberichtigung, wenn der Unternehmer weiterhin steuerfreie Umsätze in diesen Räumlichkeiten erwirtschafte und diese Räumlichkeiten ausschließlich für diese Umsätze nutze. 

HAUSBESITZER 

SONDERABSCHREIBUNG MIETWOHNUNGS­NEUBAU: FINANZVERWALTUNG MIT DETAILS 

Um steuerliche Anreize für den Neubau von bezahlbarem Wohn­raum zu schaffen, hat der Steuergesetzgeber im August 2019 eine Sonderabschreibung für den Mietwohnungsneubau eingeführt (§ 7b Einkommensteuergesetz).

Das Bundesfinanzministerium hat nun ein Anwendungsschreiben zur neuen Sonderabschreibung veröffentlicht, das viele Detailfra­gen rund um die Förderung klärt. Die neue Sonderabschreibung soll einen Anreiz für private Investoren schaffen, bezahlbaren Mietwohnraum zu errichten, und das lnvestoreninteresse vom Luxussegment im Wohnungsbau ablenken.

Die Sonderabschreibung beläuft sich auf bis zu 5 % pro Jahr (über einen Zeitraum von vier Jahren). Bemessungsgrundlage für die Abschreibung sind die Anschaffungs- oder Herstellungskos­ten der Wohnung, maximal jedoch 2.000 € pro Quadratmeter der Wohnfläche (Förderhöchstgrenze). 

Begünstigt sind Bauprojekte zur Schaffung neuer Mietwohnun­gen, bei denen die Bauanträge nach dem 31.08.2018 und vor dem 01.01.2022 gestellt worden sind. Weitere Voraussetzung für die Sonderabschreibung ist, dass die Anschaffungs- oder Her­stellungskosten pro Quadratmeter Wohnfläche nicht mehr als 3.000 € betragen und die Wohnung für zehn Jahre dauerhaft zu Wohnzwecken vermietet wird.

Da die reguläre lineare Gebäudeabschreibung von 2 % pro Jahr parallel neben der Sonderabschreibung genutzt werden kann, lassen sich in den ersten vier Jahren somit insgesamt 28 % der Kosten steuerlich absetzen. 

ALLE STEUERZAHLER 

WERBUNGSKOSTEN:AUFWENDUNGEN FÜR EINE ERSTAUSBILDUNG SIND NICHT ABZIEHBAR

In einem vielbeachteten Urteil hat der Bundesfinanzhof (BFH) kürzlich entschieden, dass Kosten für eine Erstausbildung ab dem Veranlagungszeitraum 2004 nicht (mehr) als Wer­bungskosten abziehbar sind. 

Hinweis: Eine Ausnahme bilden lediglich Fälle, in denen das Studium im Rahmen eines Dienstverhältnisses stattfindet. 

Im zugrundeliegenden Urteilsfall hatte eine Studentin die Kosten für ihr Erststudium als Werbungskosten geltend gemacht. Da sie während der Studienzeit keine bzw. nur geringfügige Einkünf­te erzielte, wollte sie die ihr dadurch entstehenden Verluste mit künftigen Einkünften verrechnen und begehrte daher die Fest­stellung eines vortragsfähigen Verlusts.

Der BFH sah jedoch keinen Raum für eine steuerliche Feststel­lung der Verluste und verwies auf das mit Wirkung ab 2004 im Einkommensteuergesetz verankerte Abzugsverbot für Erstausbil­dungskosten. Ein Abzug der Kosten kommt lediglich als Sonder­ausgaben, begrenzt auf 6.000 € pro Jahr (ab 2012), in Betracht. Da ein Sonderausgabenabzug aber nicht zu einem vortragsfähi­gen Verlust führt, wirken sich die Aufwendungen der Studentin im Ergebnis nicht steuermindernd aus. 

Während des Verfahrens hatte der BFH das gesetzliche Abzugs­verbot für Erstausbildungskosten selbst für verfassungswidrig gehalten und im Rahmen eines sogenannten Normenkontroll­verfahrens eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts eingeholt. Nachdem die Verfassungsrichter aber entschieden hatten, dass der Ausschluss des Werbungskostenabzugs von Berufsausbildungskosten für eine Erstausbildung außerhalb eines Dienstverhältnisses mit dem Grundgesetz vereinbar ist, nahm der BFH das zunächst ausgesetzte Verfahren der Studen­tin wieder auf und wies deren Klage ab. 

KINDERGELDANSPRUCH: WANN LIEGT NOCH EINE EINHEITLICHE ERSTAUSBILDUNG VOR? 

Hat ein volljähriges Kind seine erstmalige Berufsausbildung oder sein Erststudium abgeschlossen und absolviert es anschließend eine weitere Ausbildung, können Eltern während dieser „aufge­sattelten" Ausbildung nur dann noch Kindergeld und Kinderfrei­beträge fortbeziehen, wenn das Kind nebenher keiner Erwerbstä­tigkeit von mehr als 20 Wochenstunden nachgeht.

In welchem zeitlichen Umfang ein Kind arbeitet, spielt noch keine Rolle, solange es sich noch in einer erstmaligen Berufsausbildung oder in einem Erststudium befindet. Eltern argumentieren daher gegenüber Finanzämtern und Familienkassen bei soge­nannten mehraktigen Ausbildungsgängen häufig damit, dass sämtliche Ausbildungsteile noch zu einer einheitlichen „Erstaus­bildung" zählen.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) können mehraktige Ausbildungen noch als einheitliche Erstausbildung angesehen werden, wenn die Ausbildungsab­schnitte in einem engen sachlichen und zeitlichen Zusam­menhang zueinander stehen (z.B. dieselbe Berufssparte be­treffen und aufeinanderfolgen) und das Kind sein angestrebtes Berufsziel erst über den weiterführenden Abschluss erreicht.

Setzt der zweite Ausbildungsabschnitt jedoch eine berufsprak­tische Tätigkeit des Kindes voraus oder nimmt das Kind nach dem ersten Ausbildungsabschnitt freiwillig eine nicht nur vorüber­gehende Berufstätigkeit auf, liegt keine einheitliche Erstausbil­dung mehr vor, so dass eine Erwerbstätigkeit nach dem ersten Abschluss den Kindergeldanspruch zu Fall bringen kann. Ein ak­tuelles BFH-Urteil erörtert, welche Kriterien dagegensprechen, einen zweiten Ausbildungsabschnitt noch als Teil einer einheit­lichen Erstausbildung anzusehen: 

  • Das Kind nimmt nach dem ersten Abschluss ein unbefristetes oder auf mehr als 26 Wochen befristetes Beschäftigungsver­hältnis mit einer (nahezu) vollzeitigen Wochenarbeitszeit auf.
  • Das Kind „verwertet" seinen ersten Abschluss, indem es eine Stelle im erlernten Bereich antritt.
  • Die Ausbildungsaktivitäten treten im zweiten Ausbildungsab­schnitt gegenüber der aufgenommenen Berufstätigkeit in den Hintergrund (insbesondere zeitlich).

HAUSHALTSNAHE DIENSTLEISTUNGEN: WANN DIE STEUERERMÄSSIGUNG ABZIEHBAR IST 

Der Steuerbonus für haushaltsnahe Dienstleistungen, Beschäftigungsverhältnisse und Handwerker­leistungen (20 % der Arbeitskosten) wird nach dem Einkommensteuergesetz direkt von der berechneten tariflichen Einkommensteuer des Steuerzahlers abgezogen. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jetzt entschieden, dass damit konkret die tarifliche Einkommensteuer gemeint ist, die sich aus der Anwendung des regulären Einkommensteuertarifs auf das zu versteuernde Einkommen ergibt. Liegt die tarifliche Einkommen­steuer bei 0 €, lässt sich demnach kein Steuerbonus in Anspruch nehmen.

Geklagt hatte eine Frau, die ein negatives zu versteuerndes Ein­kommen erzielt hatte, so dass ihre tarifliche Einkommensteuer bei 0 € lag. Da sie jedoch zugleich positive steuerpflichtige Kapitalerträge erzielt hatte, die nicht der Kapitalertragsteuer unterlagen und die der tariflichen Einkommensteuer hinzuzurech­nen waren (mit 25 % der Erträge), ergab sich für sie am Ende der Steuerberechnung im Ergebnis eine festzusetzende Einkom­mensteuer.

Das Finanzamt lehnte einen Abzug des Steuerbonus für haus­haltsnahe Dienstleistungen ab, da die tarifliche Einkommen­steuer bei 0 € lag. Die Frau klagte dagegen und beantragte, den Bonus ersatzweise bei der Berechnung der (vorhandenen) fest­zusetzenden Einkommensteuer zu berücksichtigen.

Der BFH lehnte dies jedoch ab und verwies darauf, dass beim Abzug strikt auf die tarifliche Einkommensteuer abgestellt wer­den müsse. Die Einkommensteuer, die sich aus der Anwendung des gesonderten Tarifs für Kapitaleinkünfte ergebe, sei kein Be­standteil der tariflichen Einkommensteuer.  

Weiter verwiesen die Bundesrichter darauf, dass die Reihenfol­ge der erforderlichen Rechenschritte von der tariflichen Einkom­mensteuer hin zur festzusetzenden Einkommensteuer gesetzlich festgeschrieben sei, so dass der Steuerbonus für haushaltsnahe Dienstleistungen nicht einfach ersatzweise von der festzuset­zenden Einkommensteuer abgezogen werden könne, sofern ein Abzug von der tariflichen Einkommensteuer ausgeschlossen sei.#

ENTLASTUNGSBETRAG: FINANZÄMTER SETZEN ERHÖHUNG AUTOMATISCH UM 

Alleinerziehende Steuerzahler haben nach dem Einkommen­steuergesetz einen Anspruch auf einen steuermindernden Ent­lastungsbetrag, wenn zu ihrem Haushalt mindestens ein Kind gehört, für das ihnen Kindergeld oder ein Kinderfreibetrag zu­steht. Voraussetzung für den Entlastungsbetrag ist unter ande­rem, dass keine Haushaltsgemeinschaft mit einer anderen voll­jährigen Person besteht (ausgenommen: volljährige Kinder). 

Seit 2015 liegt der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende bei 1.908 € pro Jahr. Er erhöht sich ab dem zweiten Kind um jeweils 240 €. Zur Abmilderung der Corona-Krise hat der Steuergesetz­geber den Entlastungsbetrag mittlerweile befristet auf die Jahre 2020 und 2021 von 1.908 € auf 4.008 € angehoben (Erhöhung um 2.100 €). Die Änderung gilt seit dem 01.07.2020.

Das Landesamt für Steuern Rheinland-Pfalz (LfSt) hat nun da­rauf hingewiesen, dass die Finanzämter den erhöhten Freibetrag in den allermeisten Fällen automatisch und ohne Antrag der alleinerziehenden Person gewähren. Alleinerziehende sollten sich also mit ihrem zuständigen Finanzamt in Verbindung setzen, sofern der Erhöhungsbetrag bei der Lohnabrechnung nicht be­rücksichtigt worden ist. 

Hinweis: Die Erhöhungsbeträge von jeweils 240 € für das zweite und jedes weitere Kind sind betragsmäßig gleich ge­blieben und werden wie bisher nur auf Antrag der alleinerzie­henden Person gewährt. Hierfür muss der Alleinerziehende einen Antrag auf Lohnsteuer-Ermäßigung (mit der Anlage ,,Kind") einreichen. Mit diesem Antrag kann auch der Wech­sel in die Steuerklasse II beantragt werden. 

 

Alle Beiträge sind nach bestem Wissen zusammengestellt. Eine Haftung kann trotz sorgfältiger Bearbeitung nicht übernommen werden. Zu den be­handelten Themen wird gerne weitere Auskunft erteilt. 

ZAHLUNGSTERMINE STEUERN UND SOZIALVERSICHERUNG

12.10.2020 (15.10.2020*)

  • Umsatzsteuer
    (Monats- und Vierteljahreszahler)
  • Lohnsteuer mit SolZ u. KiSt
    (Monats- und Vierteljahreszahler)

28.10.2020

  • Sozialversicherungsbeiträge

(*) Letzter Tag der Zahlungsschonfrist, nicht für Bar- und Scheckzahler. Zahlungen mit Scheck sind erst drei Tage nach dessen Eingang bewirkt. 

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